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   THEMA
 Referenten-Meinungen zum digitalen Wandel bei Veranstaltungen
Die neurologischen Experten Dr. Carsten Schumann, Dr. Stefan Ries und Dr. Rupert Knoblich aus dem NeuroCen- trum Odenwald äußern sich zum Wandel durch digitale Veranstaltungen. Das Interview fand im Rahmen der Online- Veranstaltung „Neurologie im Gespräch“ (Seite 8) statt.
Im Dialog: Sie sind seit vielen Jahren als Referenten in der medizinischen Fortbildung tätig, vorwiegend in Präsenzfor- maten. Diese sind seit einiger Zeit nicht mehr möglich. Wie hat sich für Sie der Wechsel in digitale Formate vollzogen?
Dr. Carsten Schumann: Anfangs habe ich es so emp- funden, dass digitale Veranstaltungen an Leichtigkeit und Fröhlichkeit verloren haben. Auch die Interaktivität, wie ich sie von Präsenz-Veranstaltungen kannte, ist zu kurz gekommen. Zunächst habe ich mich gefragt, ob ich das so noch weitermachen will. Und ich bin deswegen sehr froh über die Veranstaltung, die wir jetzt hier mit der „Neurolo- gie im Gespräch“ gemacht haben. Da ist das vollkommen anders. Es findet in einem sehr lockeren Dialog statt. Und das macht wirklich viel Freude.
Dr. Rupert Knoblich: Ich glaube, das ist die Kern-Heraus- forderung bei diesen Veranstaltungsformaten. Man muss die Distanz, die schon rein räumlich da ist und die Tatsache, dass wir in der Regel die Zuhörer oder Zuschauer nicht sehen können, durchbrechen. Und das geht in allererster Linie durch die Moderation, die Fragen mit aufgreifen kann, die mit dabei ist und dem Ganzen Leben verleiht. Ansonsten wird es, finde ich, problematisch. Wenn man eine solche Veranstaltung macht, dann sollte sie mit Moderation und der nötigen professionellen Technik stattfinden.
ID: Wie ist das mit der häufig fehlenden direkten Rück- meldung durch Teilnehmer? War das eine Umstellung für Sie?
Schumann: Das ist das, was mir anfangs die Freude genommen hat. Ich finde es gut, dass wir die heutige Ver- anstaltung moderiert zu dritt gemacht haben. Ich glaube immer noch, dass Veranstaltungen mit nur einem Referenten eine Einbahnstraße sind. Die Teilnehmereinbindung kommt dabei zu kurz.
Dr. Stefan Ries: Wobei es auch Präsenz-Veranstaltungen gab, die sehr eindimensional waren und bei denen nur wenig Diskussion aufkam, wenn das nicht von Anfang an in der Vorbereitung eingeplant wurde.
ID: Das klingt, als könnte eine gut gemachte digitale Veranstaltung eine Frontal-Veranstaltung im Präsenzset- ting übertreffen.
Alle: Definitiv ja. 7
ID: Mit Blick auf die Zukunft: Wie schätzen Sie die Ent- wicklungen weiter ein? Was bleibt, was ändert sich?
Schumann: Ich schätze, dass eine elektronische Form einer Veranstaltung nicht mehr wegzudenken sein wird. Ich könnte mir gut vorstellen, dass in Zukunft hybride Veran- staltungen eine große Bedeutung bekommen. Der zeitliche Aufwand wird geringer. Grenzen sehe ich aber eindeutig bei den früher mehrtägigen Veranstaltungen. Da geht es neben der Wissensvermittlung auch primär um den direkten Dialog und persönlichen Austausch. Das, glaube ich, wäre dann auch bei Hybridveranstaltungen auf Dauer schwer.
Knoblich: Und das ist der Grund, warum man Präsenz- Veranstaltungen nicht wegbekommen wird. Gerade diese 1:1-Kommunikation in den Pausen oder nach der Veranstal- tung: Das ist in digitalen Formaten schwierig zu machen.
Ries: Was, wie ich glaube, auch anders wird: Wir sehen jetzt schon, dass wir, was Fortbildungsveranstaltungen an- betrifft, an unsere Grenzen kommen. Nicht ich als Referent, sondern als Zuhörer. Es wird im Moment so viel angeboten, dass man dem gar nicht mehr Herr werden kann. Früher hat man rausgesucht, was in der Nähe stattfindet. Heute wird man vielmehr nach der Frage gehen: Was ist wirklich interessant, wo kann ich mich einbringen, was ist essenziell? Was ist qualitativ hochwertig?
ID: Sie sind auch alle in Advisory Boards eingebunden. Wenn es zukünftig mehr Hybrid Advisory Boards gibt: Wür- den Sie lieber hinfahren oder sich zuschalten?
Knoblich: Ich kann es nicht so pauschal sagen. Ich glaube schon, dass es das eine oder andere Advisory Board geben wird, wo ich auch persönlich dabei sein möchte. Der Reise- aufwand und die Dauer entscheiden darüber. Und welche Kollegen trifft man dort? Das ist auch wichtig. Und auf der anderen – digitalen – Seite der Charme natürlich, dass es so extrem einfach ist und gar keine große Zeit kostet.
Schumann: Das sehe ich auch so. Ich finde bei Advisory Boards ist auch der Austausch Bestandteil. Wenn man am Tisch sitzt und Fragestellungen auch untereinander nochmal diskutiert, ist das wirklich gut. Diese Interaktivität habe ich nicht beim Online Advisory Board.
Ries: Ich finde, das ist ein großer Verlust, wenn so etwas gar nicht mehr in Präsenz stattfindet. Aber es ist halt auch das Unkomplizierte, sich mal wieder digital zusammenzuset- zen. Da sind die digitalen Möglichkeiten eine Bereicherung, wenn Sie gut gemacht sind und man persönlich auch etwas davon mitnimmt.
ID: Vielen Dank für das Interview! n
Im Bild oben:
Dr. Carsten Schumann, Dr. Stefan Ries und Dr. Rupert Knoblich
 












































































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