Page 9 - Im Dialog
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ESSAY
GESUNDHEITSPOLITIK
Gesundheitspolitik – wie geht es nach der Wahl weiter?
Die nächste Bundestagswahl rückt in greifbare Nähe. Die Frage ist, wie es danach weitergeht. Wer wird nächster Gesundheitsminis- ter? Wird die Politik der letzten Jahre weitergeführt oder gibt es gar eine Kehrtwende in ein ande- res Gesundheitssystem, zum Bei- spiel ohne PKV?
Für eine seriöse Prognose gibt es noch zu viele Unbekannte. Statt früher einmal drei Parteien haben jetzt sechs Parteien realistische Chancen, in den Bundestag ein- zuziehen. Das eröffnet – zumin- dest theoretisch – eine Vielzahl möglicher Konstellationen und Koalitionen. Besonders in der Ge- sundheitspolitik haben die letzten Legislaturperioden manche Über- raschung gebracht.
Rentenexpertin Schmidt (SPD), FDP-Wirtschaftsminister Rösler, CDU-Generalsekretär Gröhe: Das Gesundheitsressort wird oft über- raschend besetzt. Es gibt einige Parameter dafür, wer Minister wird: erstens: der Wunsch der Kanzlerin oder des Kanzlers. Zwei- tens: „Vorlieben“ und „No-Gos“ der Parteien.
Die SPD liebäugelt traditionell mit dem Arbeitsministerium, die Union ist  xiert auf Bildung. Die Sozialressorts Arbeit, Familien und Soziales und Gesundheit sind seit der Teilung vor zwei Wahlperio- den nicht mehr bei einer einzigen Partei – so viel ist sicher. Drittens: Der Kandidat muss „ministrabel“ sein, das meint, dass er oder sie bereits einmal in Land oder Bund Regierungsverantwortung ken- nengelernt hat, mindestens in der Position eines Staatssekretärs. Fachkunde in dem Ressort spielt
im Gesundheits- oder Sozialbe- reich dagegen keine Rolle.
Bleibt es bei einer Regierung unter Angela Merkel, hätte Her- mann Gröhe gute Chancen wei- terzumachen – würde man ihn nicht ins Amt des Innenministers (er ist Jurist) bitten. Vorstellbar wäre er auch als Parlamentsprä- sident. Dann hätte Finanz-Staats- sekretär Jens Spahn, unbestritten versiertester Gesundheitspolitiker der Union, beste Chancen. Vor- stellbar wäre auch die aktuelle Staatssekretärin im BMG, Anette Widmann-Mauz, die parteiintern dank einer führenden Rolle in der Frauenunion eine starke Positi- on einnimmt. Fachlich wäre sie geeignet. SPD-Mann Martin Schulz könnte vielleicht den Parteilinken Prof. Karl Lauterbach als idealen Gesundheitsminister sehen. Der sich selbst wohl auch. Große Teile seiner Fraktion würden jedoch die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storks bevorzugen. Bei Rot-Rot-Grün würde es sehr spekulativ. Die gesundheitspoli- tische Sprecherin bei Bündnis 90/ Grüne, Maria Klein-Schmeink, hät- te gute Chancen, vielleicht aber auch der Baden-Württembergi- sche Sozialminister Manfred Lucha (ginge es nach Länderproporz). Die Linkspartei denkt sicher an die Abgeordneten Klaus Ernst oder Harald Weinberg – oder vielleicht auch an ihre gesundheitspolitische Sprecherin Kathrin Vogler.
Ganz anders kann es kommen, wenn Angela Merkel nicht Kanz- lerin wird.
Die komplette bisherige Füh- rungsriege der CDU würde sich neu  nden müssen – mit neuen Köpfen. Das wäre die Chance für erfolgreiche Landespolitiker. Wie wäre es mit dem hessischen Mi- nisterpräsident Volker Bouf er (CDU)? Dem sind Details der Ge- sundheitspolitik durchaus ver- traut, spielt die Pharmaindustrie in der Wirtschaft seines Bundes- landes doch eine große Rolle. Oder Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU), die dem Wunsch Horst Seehofers wohl folgen würde, dem die Gesund- heitspolitik bekanntlich emotio- nal naheliegt. Es könnte aber auch Dorothee Bär ins Rennen gehen, Parlamentarische Staatssekretärin im Verkehrsministerium und jah- relang stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss. Auch die FDP baut gerade einen sehr versierten Direktkandidaten auf: Prof. Dr. Andrew Ullmann, Inter- nist an der Uni Würzburg, will die gesundheitspolitische Kompetenz seiner Partei im Bundesparlament wiederau eben lassen – so er denn die Wahl gewinnt.
Keine der sechs Parteien hat bisher ein einigermaßen konkretes gesundheitspolitisches Programm vorgelegt. Einzig Hermann Gröhe hat kürzlich auf einer Veranstal- tung in Düsseldorf klar geäußert, dass er als Gesundheitsminister wieder zur Verfügung stehen wür- de. Bei ihm weiß man, wo man dran ist.
Nach der Wahl wissen wir mehr, wenn auch noch lange nicht alles!
DR. MED. ERICH SCHRÖDER
Arzt und gesundheitspolitischer Kooperationspartner der SDMED
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