Page 11 - Im Dialog
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PRIVAT
ZUKUNFT
Strategisch oder authentisch –
vom Umgang mit Emotionen im Berufsalltag
„Was kostet ein Lächeln?“, lau- tet der Titel eines im November 2015 erschienenen Buchs von Ulrich Schnabel. Der Wissenschaftsjour- nalist beleuchtet darin die Macht der Emotionen in unserer Gesell- schaft. Unter dem gleichen Titel hielt die promovierte Psychologin und Betriebswirtin Prof. Dr. Laura von und zu Gilsa kürzlich ihre An- trittsvorlesung an der Fresenius Hochschule am Standort Frankfurt am Main.
Während Ulrich Schnabel die allgemeine Gefühlslandschaft kar- togra ert, durch die wir täglich navigieren, und Emotionsfallen der Konsumgesellschaft aufdeckt, gibt die frischgebackene Profes- sorin mit einer aktuellen Studie Antworten auf Fragen, wie sich Emotionen im Arbeitskontext re- gulieren lassen, welche emotiona- len Arbeitsanforderungen es gibt und wie sich diese auf Mitarbeiter auswirken.
Fakt ist, wir alle haben Emo- tionen und jedes Unternehmen hat explizit oder implizit Regeln, welches emotionale Verhalten in
Bezug auf bestimmte Interaktions- partner (Kunden oder unterstellte Mitarbeiter) erwünscht und nicht erwünscht ist. Im Dienstleistungs- bereich werden Emotionen im Umgang mit Kunden strategisch genutzt. So wird zum Beispiel von Flugbegleiterinnen ein zuvorkom- mendes, freundliches Verhalten erwartet.
Der Umgang mit vorgegebenen Verhaltensregeln ist allerdings sehr unterschiedlich. Je nach eigener Motivation entwickeln Mitarbeiter Strategien, die geforderte Emotion zu zeigen. Als häu gste Strategie wird die sogenannte „Surface-Ac- ting-Strategie“ angewandt. Dabei werden die tatsächlich gefühlten negativen Emotionen unterdrückt und die geforderten positiven vor- gespielt. Eine Strategie, vor der Do- zentin von und zu Gilsa warnt, da dies langfristig negative Folgen für Gesundheit und Leistung hat. Mit ihren Forschungsergebnissen konnte sie beweisen, dass „Men- schen auch im Arbeitskontext aus hedonistischen (um sich gut zu fühlen) und kon iktvermeidenden (um keinen Streit mit dem Interak- tionspartner zu haben) Motiven heraus handeln“. Sie kommt zu dem Schluss: Nur ein authentischer Emotionsausdruck, bei dem man wirklich zeigt, was man denkt und fühlt, führt zu tragfähigen, guten Beziehungen – auch im Arbeits- kontext.
Wie stark unser Ver- halten vom emo- tionalen Umfeld abhängig und wie wichtig ein authen- tischer Umgang
mit Emotionen ist, beschreibt auch Journalist
Schnabel in seinem Buch. Er warnt vor einem aktuellen Emotions- Hype und davor, dass ständige Emotions-Optimierungen krank machen können.
Es gehe darum, „echte“ positive Emotionen zu fördern. Diese erwei- tern nachweislich das Denken und Handeln und sorgen für ein gutes Wohlbe nden.
Buch: Was kostet ein Lächeln?
Karl Blessing Verlag, München 2015, ISBN 9783896674920, 21,99 EUR
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