Page 7 - Im Dialog 19 2014
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KOMMEnTar
GESunDHEITSPOlITIK
neue Köpfe –
wo bleiben die Visionen?
Alles neu in der Gesundheits- politik der GroKo? Beginnend mit Bundesgesundheitsminister Her- mann Gröhe, den kaum jemand in Berlin auf diesem Posten erwar- tet hätte. Oder wie Ärztepräsident Professor Montgomery erleichtert formulierte:„Die Höchststrafe blieb uns damit erspart.“ Der Minister selbst kokettiert mit seiner ge- ringen Fachkenntnis – das trifft allerdings ebenso für zwei seiner drei Staatssekretäre zu. Nur An- nette Widmann-Mautz wurde als Staatssekretärin übernommen und kennt sich im Gesundheitswesen aus, ihr Ein uss dürfte wohl zu- nehmen. Neue Köpfe nicht nur in der Führungsetage des BMG, auch im Bundestags-Gesund- heitsausschuss, nun 37 Personen stark, sind mehr als die Hälfte der Abgeordneten neu. Während bei der CDU immerhin noch Jens Spahn als gesundheitspolitischer Sprecher bleibt, scheiden bei der SPD die erfahrenen Mitglieder Dr. Carola Reimann und Prof. Dr. Karl Lauterbach aus. Lauterbach sehen Insider als stellvertretenden Frak- tionsvorsitzenden jedoch auf einer „Parkposition“.
Nun ist die Probezeit der ers- ten 100 Tage der neuen Regierung vorbei. Das BMG ist mit sich zufrie- den und verweist auf zahlreiche Initiativen, die bereits angestoßen wurden. Minister Gröhe hat als Leitmotiv der Gesundheitspolitik „Wer krank ist, hat Anspruch auf die bestmögliche Versorgung“ ausgegeben, was zwar nett aber eher noch seiner Einarbeitungs- phase entsprungen ist. Besonders stolz ist man auf zwei bereits ver- abschiedete – wenn auch sachlich
und rechtlich äußerst umstrittene – Gesetze, das 13. und 14. SGBVÄndG, mit denen das seit fast vier Jahren bestehende Preismoratorium und der Zwangsrabatt um weitere fast vier Jahre verlängert wurden. Das Bundeskabinett hat bereits einen weiteren Gesetzentwurf beschlos- sen, der die Finanzierung der GKV neu gestaltet und stärker an einem qualitätsorientierten Wettbewerb ausrichtet. Das bringt uns dann auch noch ein zusätzliches „Qua- litätsinstitut“. Außerdem laufen die Arbeiten an der ersten Stufe der P egereform und an einem Präventionsgesetz.
Bei genauerer Betrachtung ist in dieser Bilanz nicht mehr als ein Abarbeiten von Projekten der frü- heren Gesundheitspolitik zu erken- nen. Keine Spur von Visionen einer von alten Denkblockaden befrei- ten Politik! Vorbei die Hoffnung, die Professor Günther Neubauer einmal – ebenso scharfsinnig wie scharfzüngig – auf den Punkt ge- bracht hat, die größte Chance für Innovationen im Jahr 2014 liege in der unberührten „Ahnungslosigkeit des neuen Gesundheitsministers“.
Die einzige prospektiv versor- gungsgestaltende Maßnahme, die kurzfristig eingebrachte und listig an das 14. SGBVÄndG angehängte Förderung der hausarztzentrier- ten Versorgung, stammt von ei- nem neuen starken Mann außer- halb des BMG: Karl-Josef Laumann, „westfälisches Urgestein“ und Regierungsbeauftragter im Rang eines beamteten Staatssekretärs. Gesundheitspolitische Weichen- stellungen dürften ohne ihn, der gleichzeitig den CDU-Arbeitneh- mer ügel vertritt, nur schwer durchführbar sein. Laumann steht für Patientennutzen und entschie- dene Umsetzung des Versorgungs- strukturgesetzes.
Im neuen Amt als Patientenbe- auftragter will Laumann auf der Großbaustelle Gesundheitswesen und P ege „nicht nur Grundsteine legen, sondern auch Richtfest fei- ern“. Während vom BMG – und noch weniger von den Instituten der Selbstverwaltung – weiterführende Visionen kaum erkennbar werden, punktet der frühere NRW-Gesund- heitsminister Laumann als visio- närer und erfahrener Pragmatiker. Die Hoffnung bleibt!
Dr. MED. ErICH SCHröDEr
arzt und gesundheitspolitischer Kooperationspartner der System Dialog Med. aG
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