Page 11 - Heft 18 - 2013
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KOMMENTAR
GESUNDHEITSPOLITIK
Nach der Bundestagswahl – Weiterentwicklung statt Innovation
Die Wahl ist gelaufen und hat eine eindeutige Wahlsiegerin her- vorgebracht. Die braucht nun aber einen Partner zum Regieren – und das ist nach dem Scheitern des Wunschpartners FDP keine ganz einfache Aufgabe. Denn gerade wegen des überzeugenden Wahl- siegs der CDU/CSU muss sich jeder potenzielle Partner wie „der kleine Bruder“ vorkommen, was weder der jeweiligen Parteibasis gefällt, noch dem Image der Partei guttut. Nun wird also verhandelt.
Welche Rolle spielt in diesem Geschehen die Gesundheitspolitik? Auffällig war, dass das Thema Ge- sundheit im gesamten Wahlkampf praktisch nicht vorkam. Dies war auch ein (fatales) Versäumnis der FDP, die sich hier mit Ministerkom- petenz hätte präsentieren können. Wenn Gesundheitspolitik schon kein Wahlkampfthema war, lässt sich daraus vielleicht schließen, dass auch größere Gesundheitsre- formen im kommenden Jahr kaum zu erwarten sind, auch wenn diese gerade aktuell wieder einmal von den gesetzlichen Krankenkassen nachdrücklich gefordert werden. Das hat allerdings Tradition und muss nicht überbewertet werden. Nur im unwahrscheinlichen Fall einer rot-rot-grünen Regierungs- konstellation wäre eine kurzfristige Reform in Richtung „Bürgerversi- cherung“ zu erwarten.
Erwarten wir also für 2014 Ruhe an der Gesundheitsfront? Nein, das sicher nicht, denn dafür sind schon in der vergangenen Legislatur zu viele Weichen gestellt, deren Kurs sich – ganz unabhängig von der kommenden Regierungskonstel- lation – erst im kommenden Jahr manifestieren wird. Auch ohne weitere gesetzliche Reformen
wird das vorhandene Instrumen- tarium auf untergesetzlicher Ebene (Gemeinsamer Bundesausschuss) weitergeführt und wohl auch wei- terentwickelt. In der Tat haben die letzten Gesundheitsreformen ja sehr mächtige Instrumente ge- schaffen, deren Potenzial noch bei Weitem nicht voll ausgeschöpft wurde.
Das bedeutet für die pharma- zeutische Industrie Ausbau der Nutzenbewertung nach AMNOG, wie geplant auch in den Bestands- markt hinein. Dieser Prozess hat be- reits begonnen, am 1. Oktober hat der Gemeinsame Bundesausschuss die ersten Nutzenbewertungen aus dem Bestandsmarkt abgeschlos- sen, betroffen war die Wirkstoff- gruppe der Gliptine. Die gerade von den Krankenkassen geforderte Veröffentlichungsplicht auch für ältere und bisher unveröffentlichte Arzneimittelstudien könnte – so- fern gesetzlich umgesetzt – die Ein- beziehung des Bestandsmarktes in die Nutzenbewertung noch weiter beschleunigen.
Auch hinsichtlich überstanden geglaubter Restriktionen könn- te der Industrie noch Ungemach drohen: Zum Thema Preismorato- rium und Zwangsrabatt für Arz- neimittel haben sich die Parteien
im Wahlkampf zwar nicht konkret geäußert, es erscheint aber nicht ganz unwahrscheinlich, dass diese Ende 2013 auslaufenden Regelun- gen kurzfristig noch durch ein „Vor- schaltgesetz“ verlängert werden könnten.
Für die Arztpraxen wird die Umsetzung von Konzepten nach dem Versorgungsstrukturgesetz weitere Herausforderungen mit sich bringen. Allein die Ambulante Spezialärztliche Versorgung (ASV) birgt für niedergelassene Fachärz- te erhebliche Risiken, wenn sich gut aufgestellte Krankenhäuser kurzfristig dieser neuen Struktur bedienen und damit nicht nur in neuen Feldern als Konkurrenten auftreten, sondern dies auch noch zu Lasten fachärztlicher Budgets.
Fazit: Stabile Rahmenbedin- gungen für die Industrie und die Fachärzte sehen anders aus, Be- obachtung und Analyse der Trends sind weiter unverzichtbar!
DR. MED. ERICH SCHRöDER
Arzt und gesundheitspolitischer Kooperationspartner der System Dialog Med. AG
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