Page 14 - Im Dialog #39

Kolumne
Schnell und effizient
ist nicht immer effektiv
Meine ersten Berührungspunkte mit Medical Education stammen aus einer Healthcare-Agentur, für die ich mit einem Team im Kundenauftrag 2009 eine CME- Plattform aufgebaut habe. Interaktionen bestanden aus simplen Drag-and-Drop- Aufgaben, der von Ärzt:innen gelieferte Content war größtenteils von Wikipedia kopiert – Allerweltswissen also, das wir mühevoll umformulierten, damit es nicht auffällt. Wir fühlten uns trotzdem unend- lich hipp. Und vielleicht waren wir das ja damals auch. Die Plattform war internatio- nal, sie war online und die Module waren voll interaktiv. Wow!
Das war 2009. Wenn ich mich heute in der Medical-Education-Landschaft umschaue, hat das Prinzip leider an vielen Stellen Schule gemacht. Es ist nur echt nicht mehr hipp – sollte es das überhaupt jemals ge- wesen sein. Aber es passte zum Megatrend der letzten Jahrzehnte: Optimierung und Effizienz. Jeder einzelne Markt wurde (und
wird) mit Content überschwemmt, der zu einem großen Teil an Irrelevanz, Re- dundanz und Lieblosigkeit kaum zu über- bieten ist. Im Bereich Medical Education schenkt er den Teilnehmer:innen vielleicht CME-Punkte, aber mit Sicherheit keinen angenehmen oder gar nachhaltigen Wis- sensgewinn. Cui bono?
Nicht zuletzt dadurch sind die Zielgruppen wählerischer und anspruchsvoller gewor- den. Sie wünschen sich in Zukunft eher altmodische Attribute: Durchdachte Fort- bildungskonzepte, die zu ihnen und ihren Bedürfnissen passen, ihre Fragen adres- sieren und einen praxisrelevanten Bezug haben. Nach all den Jahren der Effizienz, Automatisierung und der damit verbun- denen Entpersonalisierung der User:innen wollen die endlich keine Nummer in einer Teilnehmerstatistik mehr sein. Sie wollen mit ihren Belangen im Zentrum der Bemü-
hungen stehen. Ein ganz simples Prinzip, das bei der SDMED seit 40 Jahren bei je- dem MedEd-Angebot hochgehalten wird. Auch zu den Zeiten, als ich und Tausende andere uns hipp fühlen mussten. n
Dr. Simone Janßen
Wissenschafts- und Medizin- redakteurin, freiberuflich tätig für die SDMED
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