Page 6 - Im Dialog
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Wann bringt Sie eine Frage zum Lächeln?
Wenn die Frage ein wirkliches Interesse an mei- ner Antwort und damit an meiner Person erkennen
lässt. Wenn die Frage ein Thema öffnet, das über die eigentliche Frage hinausgeht, und ein Dialog entstehen kann.
Angelika Wüstefeld, Projektleitung SDMED
THEMA
Warum hören wir auf, Fragen zu stellen?
Wissenschaftler der Harvard-Universität haben errechnet, dass ein Kind im Alter von drei Jahren rund 40.000 Fragen gestellt hat. Fragen ist für unsere Entwicklung etwas Fundamentales und Instinktives. Auch für unseren Umgang miteinander sind Fragen ein grundlegender und wichtiger Aspekt, be ndet der Organisationspsychologe Edgar Stein. Doch spätestens mit dem Eintritt in die Schule reduziert sich die Zahl der Fragen rapide und im Erwachsenenalltag fragen (und hinterfragen) wir in der Regel noch weniger.
Woran es liegt, dass wir aufhören, Fragen zu stellen, versucht der amerikanische Autor und Innovationsexperte Warren Berger in seinem Buch „Die Kunst des klugen Fragens“ herauszu nden. Auch das Institut Right Question mit Sitz in Cambridge geht dieser Frage nach.
Sie kommen dabei sowohl zu neurobiologischen als auch kulturellen Antworten. Kleinkinder brauchen das Fragen
schlicht zur Entwicklung ihres Gehirns. Zunächst stellen Kinder reine Sachfragen nach dem Namen oder Objekt. Ab dem zweiten, dritten Lebensjahr bitten sie um Erklärungen: „Warum ist der Himmel blau?“
Das Herstellen von Kontexten schafft synaptische Ver- knüpfungen im Gehirn. Neurobiologisch könnte der Rück- gang des Fragens im Schulalter darin liegen, dass das Wachs- tum des Gehirns weitestgehend abgeschlossen ist. Kritiker unseres Bildungssystems machen dafür unsere Lernkultur, in der wenig zum Fragen motiviert wird, verantwortlich.
In der Tat herrscht in unserer Kultur eher die Auffassung, dass Fragen ein Zeichen von Unsicherheit und Schwäche sei, während etwas zu wissen hohes Ansehen genießt. Auch Angst vor Kontroll- und Machtverlust steht einem Zulassen von Fragen entgegen.
Dabei lohnt es sich, die Kunst richtigen Fragens für sich (wieder) zu entwickeln. Das gilt auch für große und phi- losophische Lebensfragen. Warren Berger beschreibt, wie eng kreative Prozesse, innovative Entwicklungen und auch eine erfolgreiche Lebensführung mit dem Instrument des Fragens verbunden sind.
Großen Entdeckern, Er ndern, Designern und Entwick- lern wie Steve Jobs, Larry Page oder Edwin Herbert Lang ist gemein, dass sie hervorragende Frager waren. Edwin Herbert Lang (1909 – 1991) Er nder des Polaroids brachte eine Frage seiner Tochter auf die Spur. Bei der Anfertigung eines Fotos in der seinerzeit üblichen Form fragte sie: „Warum müssen wir so lange auf das Bild warten?“ Weihnachten 1949 kam die erste Sofortbildkamera auf den Markt.
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